Geschichte der RED ZOMBIES

Im Sommer 1987 geschah es. Eine Gruppe junger Studenten und Tagelöhner traf sich, um gemeinsam das Endspiel im Europapokal der Landesmeister zu sehen. Bereits während des Spiels wurden immer wieder Bemerkungen darüber gemacht, daß einige dieser jungen Zuschauer früher einmal selbst gespielt hatten, aber letztendlich alle an der Vereinsmeierei des deutschen Fußballsports gescheitert waren.

Schnell war der Entschluß gefasst, sich bei der Sommerliga der Freien Universität anzumelden. Doch dazu musste auch trainiert werden. Man machte als geeignetes Gelände die Neuköllner Hasenheide aus, ein Park vergleichbar mit dem Hyde-Park in London oder dem Central Park in New York ;-)

In häufig wechselnder Besetzung und unter verschiedenen Namen trat das Team immer wieder bei "wilden" Uni-Turnieren auf dem Großfeld, dem Kleinfeld und in der Halle an. Zwei Dinge wurden zu dieser Zeit bereits deutlich: Das Team verlor jedes Spiel und keine der SpielerInnen spielte in einem offiziellen Verein. Im Anschluß an den großen Uni-Streik von 1988/89 kam es zu einigen Veränderungen. Neue SpielerInnen kamen hinzu, einige verließen das Team und Berlin. Somit war es unvermeidlich, daß bei einem Hallenturnier der erste Sieg eingefahren werden konnte.

Das steigende politische Engagement außerhalb der Universität und die Unterstützung z.B. des MigrantInnen-Vereins BFC Türkiyemspor, welcher in der Nachwendezeit im Osten Deutschlands immer wieder Zielscheibe faschistischer und faschistoider Gruppierungen werden sollte, sorgte u.a. dafür, dass es in Berlin zur Organisierung antifaschistischer Fußballfans in der A.F.F.I. (Antifaschistische Fußball-Fan-Initiative) kam, an welcher auch SpielerInnen unseres Teams beteiligt waren. Im Winter 1990 kam es zum letzten offiziellen Uni-Hallenturnier mit unserer Beteiligung. Zum ersten Mal hatten wir eigene Trikots, denn mit einfachsten Mitteln hatten wir rote T-Shirts mit dem Schriftzug "Red Zombies" versehen. Als dann aufgrund einer Kleinigkeit zwei der vier Feldspieler mit einer 2-Minuten-Strafe belegt wurden und es beinahe zum Spielabbruch kam, wurde gleichzeitig die Legende der unüberwindbaren Abwehr begründet, denn während unser Team in Unterzahl spielte, bekamen wir kein Gegentor eingeschenkt. Seitdem haben die Red Zombies nie wieder an einem "offiziellen" Fußballturnier teilgenommen!

1991 wurde zum erstem Mal der Berliner Antifa-Pokal (heute A.F.F.I.-Cup) ausgespielt, bei dem unser Team natürlich nicht fehlen durfte. Der Pokal wird seitdem regelmässig ausgespielt und stellt einen Höhepunkt im Kalender der linken und antifaschistischen Berliner FußballerInnen dar. Einige unserer MitspielerInnen haben sich seit dem Ende der 80er-Jahre der autonomen Stadtteilarbeit verschrieben, zunächst im "autonomen Krümelladen" in Berlin-Neukölln und nach dessen Zwangsräumung im Jahre 1991 dann im Stadtteil- und Infoladen "LUNTE" in dem ihr uns auch jetzt noch nach getaner Arbeit (sprich kicken) Samstags nachmittags antreffen könnt.

Nord-Neukölln ist ein Stadtteil mit einem hohen Anteil an (zum Teil alteingesessener) Menschen mit Migrationshintergrund und wird, auch aufgrund der rassistischen Medienhetze, immer mehr marginalisiert. Der formulierte Anspruch der "liberalen" politischen Klasse, Neukölln als multikulturelle Gesellschaft zu definieren, funktioniert nicht, da die hohe Politik zugleich jedwede interkulturelle Aktivität hintertreibt! Jede "Community" verbleibt unter sich, was im Zuge des zynischen Wortkonstrukts "Parallelgesellschaften" zu weiterer Ausgrenzung der verschiedenen Ethnien führt.

Somit verwundert es nicht, daß Neukölln heute einer der "sozialen Brennpunkte" in Deutschland ist. Es kommt im Nord-Neuköllner Stadtteil zur höchsten Arbeitslosenquote der BRD, etwa zwei Fünftel der Bevölkerung lebt auf der Basis von Hartz-4!

Politisch kann dies zur Katastrophe führen, da die rechten, speziell die faschistischen Parteien und Gruppierungen hier ein Mobilisierungs- und Rekrutierungsfeld sehen. Dabei ist es egal, ob dies Menschen mit "deutscher" Herkunft betrifft oder z.B. türkische und arabische Menschen.

In diesem Rahmen gestaltet sich die linke Stadtteilarbeit ausgesprochen schwierig. Viele der sozial Ausgegrenzten sind oder werden aufgrund fehlender Perspektiven drogenabhängig und sind somit nahezu unberechenbar.

Fußball ist für uns ein Weg und ein Mittel, Menschen verschiedener Ethnien zusammenführen zu können! Nach wie vor ist der "Homeground" der Red Zombies in der Hasenheide und nach wie vor darf jede und jeder mitspielen, ohne daß rassistische, sexistische, antisemitische Ressentiments dabei eine Rolle spielen. Vielmehr legen wir Wert auf einen solidarischen Umgang, was beim Fußball sehr gut funktioniert. Wir betrachten uns zwar als Fußball-Fans, was aber in erster Linie das Spiel meint. Wir sind nicht in Fanclubs oder Fangruppen der kommerziellen Geld- und Schuldenmaschinen der Profiligen organisiert, obwohl wir dort auch Sympathien und Antipathien hegen. Wir möchten ein basisorientiertes Fußballspiel, kein Kommerzspektakel mit folkloristischem Fanbeiwerk.

Red Zombies Neukölln gegen Profifussball! Attacare il razzismo

Für die soziale Revolution!

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